Mein Weg ist ein Weg

Wer denkt schon an einen Plan B, wenn Plan A der gelebte Traum ist? Mein Name ist Simone Laudehr, ich habe in 18 Jahren Profifußball fast alles gewonnen und trotzdem früh und intensiv an meinem Plan B für die Zeit danach gefeilt. Das war und ist unglaublich wichtig. In meiner neuen Kolumne für die VDV werde ich deshalb über Chancen nach der Karriere schreiben und dabei auch aktuelle Themen des Frauenfußballs aufgreifen.

Als Einstieg erzähle ich, wie es für mich weiterging, nachdem ich 2021 in meinem letzten Match als Profifußballerin mit dem FC Bayern endlich nach zehnmal Vize die Deutsche Meisterschaft geholt hatte. Dabei will ich meinen Weg nicht als DEN Weg darstellen, sondern als einen Weg. Wege gibt es so viele, wie es Menschen gibt. Vielleicht liefern meine Erfahrungen bei der Orientierung für die Eine oder den Anderen Anregungen auf ihren Wegen.

Traum & Titel
Was im Alter von drei Jahren 1989 in Tegernheim östlich von Regensburg begann, endete 2021 beim FC Bayern. Dazwischen habe ich meinen Traum verwirklicht: Ich war so gut, dass mich der FC Bayern, dessen Fan ich immer schon war, 2003 vom SC Regensburg nach München holte. Dann durfte ich beim FCR Duisburg, beim 1. FFC Frankfurt und in der Nationalelf Titel sammeln und mit meinem Vorbild Birgit Prinz zusammenspielen. Ich bin Welt- und Europameisterin, Olympiasiegerin, Deutsche Meisterin, Pokalsiegerin und habe die Champions League gewonnen. Weil ich immer die Herausforderung gesucht und das Beste aus mir herausgekitzelt habe.

Fragen & erste Antworten
Bis 28 habe ich mich voll auf den Sport konzentriert, um meinen Ansprüchen gerecht zu werden und weil ich es mir leisten konnte. Ich habe im Fußball gut verdient, mich vernünftig vermarktet und war zwölf Jahre Sportsoldatin. Das war top, und trotzdem habe ich mit 28 angefangen, mir Gedanken über die Zeit nach dem Fußball zu machen. Denn irgendwann endet die Profikarriere. Was könnte ich danach tun? Was will ich überhaupt tun? Trainerin oder an den Schreibtisch? Mir diese Fragen zu beantworten, war unglaublich schwierig. Ich lebte meinen Traum. Welche Steigerung konnte es geben?

Bürokauffrau – diese Ausbildung hatte ich 2006 abgeschlossen. Ich wollte meiner Familie zu Beginn meines Fußballtraums nicht auf der Tasche liegen. Später war die Ausbildung kaufmännische Grundlage für mein Studium Sportmarketing ab 2015. Und so lautete meine erste Antwort für die Zeit nach dem Kicken: Marketing. Vermarktet hatte ich mich immer schon, also war der Job-Start abseits des Rasens mit Marketing und Event fürs Bayern-Museum logisch – und eine super lehrreiche Zeit. Dank meiner Chefin durfte ich viel machen, auch Fehler, und konnte mich entwickeln.

Reflexion & Offenheit
Aber ich vermisste Strategie und Taktik. Das hatte mir schon auf dem Spielfeld viel Spaß gemacht und deswegen hatte ich in meinem letzten Profijahr das Hochschulzertifikat „Spielanalyst im professionellen Fußball“ am Internationalen Fußball Institut (IFI) erworben. Das Know-how aus dem IFI kann ich heute perfekt bei EA Sports anwenden. Ich bin beim führenden Anbieter für Sport-Games für Frauenfußball zuständig und dafür verantwortlich, dass die zugrunde liegenden Fußballdaten korrekt und die Spielerinnenfiguren authentisch sind. Das hat sehr viel mit Datenanalyse, Spielanalyse und Bewertung zu tun. Unser Ziel ist ein perfektes Videospiel. Dabei war ich nie Zockerin. Heute habe ich eine „Playsi“, grätsche auch bei FIFA ordentlich und produziere selbst Teile des Games. Das macht mir Freude, ich bin erfolgreich und weiß, dass auf meinem Weg bis heute zwei Aspekte besonders wichtig waren:

  1. Ich habe immer darüber nachgedacht, was ich will, was mir Freude macht, welche meine Stärken und Schwächen sind. Ich habe mir das immer wieder aufgeschrieben und tue das heute noch. Diese Reflexion hilft mir sehr, mich zu orientieren.
  2. Ich war und bin immer offen. Ich habe mir ein Netzwerk aufgebaut und pflege es. Zu Sissi Raith etwa, die mich mit 17 zu Bayern geholt hatte, habe ich heute noch Kontakt. Ich habe erfahrene Spielerinnen um Rat gefragt. Ich habe über Praktika Unternehmen und Menschen kennengelernt. Ich habe mich auf Social Media umgesehen. So bin ich über Insta auf das IFI gestoßen, habe eine Infoveranstaltung besucht und nachhaltig in eine Top-Ausbildung als Spielanalystin investiert. Außerdem schadet es auch nicht, das auszuprobieren, was einem auf den ersten Blick nicht liegt. Ich und Präsentationen? Never! Dann sollte ich beim FC Bayern eine Präsi nach der anderen halten und hab‘ mir anfangs echt die Hosen … egal, denn heute präsentiere ich super gerne.

Reflexion und Offenheit – beides hat mir auf meinem Weg entscheidend geholfen. Beides ist mir auch für die nächste Ausgabe von „Plan B“ in „Wir Profis“ wichtig und ich freue mich über Kommentare, Anregungen, Fragen oder Likes zur ersten Kolumne, zum Beispiel über LinkedIn.

Bis zum nächsten Mal.

Herzliche Grüße, Simone Laudehr